Neuer Verkehrsvertrag mit der BVG
Nach langen Verhandlungen hat der Berliner Senat den Verkehrsvertrag mit der BVG verabschiedet. Er hat eine Laufzeit bis zum Jahr 2020 und regelt die Leistungen, die das größte deutsche Verkehrsunternehmen in den kommende Jahren zu erbringen hat. Konkurrenz zu den "Gelben" ist in dieser Zeit nicht zu erwarten.
Der Verkehrsvertrag mit der BVG regelt die Bestellung und Finanzierung der zu erbringenden Verkehrsleistungen sowie die Finanzierung der Infrastrukturvorhaltung. Genau wird festgelegt, welche Leistungen die BVG mit U-Bahnen, Straßenbahnen, Bussen und Fähren zu erbringen hat. Ende Dezember 2007 endet der bisher geltende Unternehmensvertrag.
Nicht abgespeckt
Mit dem beschlossenen Verkehrsvertrag beauftragt das Land Berlin die BVG, 100 % des bisherigen Leistungsumfangs zu erbringen. Durch den mit Anlagen gut 180 Seiten umfassenden Vertrag sichert das Land Berlin den Fortbestand der BVG als integriertes und im öffentlichen Eigentum stehendes Nahverkehrsunternehmen bis zum 31. August 2020.
Senatorin Junge-Reyer: "Berlin hat ein herausragendes Angebot im öffentlichen Personennahverkehr. International ist dies ein klarer Standortvorteil für die Stadt. Erklärtes Ziel des Senats war es bei den Vertragsverhandlungen, das heutige hohe Qualitätsniveau im Berliner öffentlichen Personennahverkehr und eine nachhaltige, stadt- und umweltverträgliche Mobilität zu sichern.
Qualität soll gesichert werden
Mit diesem Verkehrsvertrag gewährleisten wir diesen hervorragenden Standard für alle Kundinnen und Kunden auch für die Zukunft. Dabei haben wir nicht nur den Maßstab für die zu erbringende Fahrleistung gesetzt, sondern auch die Qualität, inder die Infrastruktur erhalten werden muss, vertraglich geregelt.
Planungssicherheit und (politische) Einflussmöglichkeiten
Für die BVG und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet der Verkehrsvertrag Planungssicherheit für die nächsten 13 Jahre. Für den Berliner Senat, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, ergeben sich weitaus stärkere Einflussmöglichkeiten auf die Bestellung des Verkehrs als bisher.
Alle relevanten Fahrplanänderungen bedürfen künftig der Zustimmung des Aufgabenträgers. Daneben kann das Land Berlin - wenn auch im begrenzten Umfang - eigene Planungen vornehmen und diese dann der BVG vorgeben. Bei dem Ausfall von Verkehrsleistungen oder Unterschreitung von Qualitätsstandards kanndas Land die Zahlung reduzieren."
Bis zum Jahr 2020 wird es erforderlich sein, die Qualitätsstandards veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Dies wird in der Regel über die Fortschreibungen des Nahverkehrsplans erfolgen.
Der Prozess zur Berücksichtigung geänderter Qualitätsvorgaben in künftigen Nahverkehrsplänen ist im Verkehrsvertrag bereits geregelt. Sollte es beispielsweise zwischen BVG und Land Berlin zu Fragen des Vertrages keine Einigkeit geben, so wird dieser Dissens der Gewährträgerversammlung zur Letztentscheidung vorgelegt. In der Gewährträgerversammlung sind von Eigentümerseite die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung, Finanzen und Wirtschaft vertreten.
Messung der Qualität
Die Einhaltung der Qualitätsstandards wird - wie beim S-Bahn-Vertrag - teils objektiv gemessen, teils durch Befragungen über die Kundenzufriedenheit erfasst. Schlechtleistungen werden wie bei der S-Bahn durch Maluszahlungen geahndet. Bis 2010 soll ein gemeinsames Qualitätscontrolling-System mit der S-Bahn Berlin GmbH entwickelt werden, das dann als Bonus-Malus-System ausgestaltet werden soll, um auch innerbetriebliche Anreize für Qualitätsverbesserung zu schaffen.
Einnahmerisiken und -chancen bleiben bei der BVG
Der Vertrag ist ein Nettovertrag, d.h. die Einnahmenchancen und -risiken verbleiben bei der BVG. Der Aufgabenträger hat keinen vertraglichen Anspruch, die Tarife einseitig festzulegen. Die Fahrgäste wird der nächste Punkt freuen: Die BVG hat keinen Anspruch auf jährliche Tariferhöhungen in einer bestimmten Höhe.
Als Ausgleich für die Erbringung der vertraglich definierten Pflichten sind jährliche Ausgleichszahlungen an die BVG in Höhe von 250 Mio. EUR vorgesehen; davon 75 Mio. EUR p.a. für die Verkehrsleistungen und 175 Mio. EUR für die Infrastrukturvorhaltung.
Erstmals zum 1. Januar 2010 werden alle Einnahmen und Kostenentwicklungen der BVG überprüft. Auf dieser Basis werden die Zahlungen an die BVG angepasst. Diese Überprüfung der Einnahme- und Ausgabesituation erfolgt ab 2010 alle zwei Jahre.
Ausgleichszahlungen
Die genaue Höhe der Ausgleichszahlungen richtet sich nach den tatsächlich erbrachten Leistungen: Für ausgefallene Fahrten, aber auch für genehmigte Leistungen, die nicht oder nur unvollständig in den betrieblichen Fahrplan der BVG übernommen und deshalb nicht erbracht wurden, erfolgt keine Zahlung. Im Falle von Schlechtleistungen kommen die vereinbarten Malus-Regelungen zur Anwendung.
Pünktlichkeit
So gilt z. B. für die Pünktlichkeit der U-Bahn ein Sollwert von 97 %, dies ist ein Gesamtwert für alle U-Bahn-Leistungen. Sobald die tatsächlich gemessene Pünktlichkeit den Wert von 95 % unterschreitet, werden die Ausgleichszahlungen an die BVG je 0,5 % Unterschreitung um 220.000 EUR gekürzt. So würde z. B. bei durchschnittlicher Pünktlichkeit aller Berliner U-Bahnen von nur 94 % eine Maluszahlung von 440.000 EUR anfallen. Je Verkehrsmittel sind die Kürzungen für Pünktlichkeitsmängel auf maximal 1,76 Mio. EUR pro Jahr begrenzt.
Im Falle von Kostensteigerungen bei Energie für die Fahrzeuge, Personal und Material wird die Höhe der Ausgleichszahlungen über eine vertragliche Preisgleitklausel angepasst. Die Klausel sieht - wie bei dem Vertrag mit der S-Bahn Berlin GmbH - vor, dass die BVG einen Teil der Kostensteigerungen aus eigenen Mitteln kompensieren muss (Selbstbehalt) und die Anpassung der Ausgleichszahlung erst nach Überschreiten eines Schwellenwerts wirksam wird. Damit bleiben Anreize zu weiteren Effizienzsteigerungen und Kostensenkung durch die BVG erhalten.
Verkehrsverträge für den Berliner Nahverkehr im Internet einsehbar
(News vom 16.02.2012)