Mauern im Berliner Leben
von Helmut Zschocke*
In den rund acht Jahrhunderten seiner Geschichte hat es Berlin auf fünf Absperrungen gebracht, die sich um die Stadt herum, zwischen Stadt und Vorstädten oder quer durch die Stadt zogen. Dabei wurden die drei Berliner Stadtbefestigungen des Mittelalters und der Frühzeit – im Unterschied zu den beiden letzten Mauern – hauptsächlich zum Zwecke der Verteidigung angelegt.
Die älteste Anlage bestand wohl nur aus einem einfachen Wall mit Palisaden und einem vorgelegten Wassergraben, der sich vermutlich eines alten Spreearmes bediente. Um 1247 erhält die Doppelstadt Berlin-Cölln eine neue Befestigung, die der Stadt ein charakteristisch mittelalterliches Gepräge verleiht. An die Stelle der Palisaden tritt eine Mauer; sie wird im Jahre 1319 erstmalig erwähnt.
Im unteren Teil aus Feldsteinen bestehend und einen bis eineinhalb Meter stark, wird sie etwa ab dem Jahr 1300 mit Ziegelquadern auf die stattliche Höhe von sechs bis neun Metern gebracht.
Die viereckigen oder runden Türme haben ein spitzes Kegeldach und sind bis zu 25 Meter hoch; vielerorts finden sich darüber hinaus halbrunde, nach innen offene sogenannte Weichhäuser. An fünf Stellen wird diese Mauer durch Tore unterbrochen. Auf der Berliner Seite sind dies das Stralauer Tor an der gleichnamigen Straße, das den Zugang zur Stadt aus Richtung Frankfurt (Oder), Boxhagen und Stralau eröffnet, das Oderberger, später Georgentor am heutigen Alexanderplatz (Bernau, Prenzlau) und das Spandauer Tor in der Nähe des Hackeschen Markts (Magdeburg, Brandenburg a. d. Havel, Spandau, Neuruppin, Pankow). Auf der cöllnischen Seite führt das Teltower, später Gertraudentor (an der gleichnamigen Straße gelegen) in Richtung Sachsen, Fläming und Teltow und das Köpenicker Tor nach Mittenwalde, Köpenick und Rixdorf. In die Stadt kommt man nur über Zugbrücken, die zwei 15 Meter breite Wassergräben überspannen.
Berlin und Cölln Ende des 14. Jahrhunderts mit Nicolai-, Petri- und
Marienkirche sowie Mühlendamm und Lange Brücke. Modellansicht
Auf der Berliner Seite wird die mittelalterliche Stadtmauer nach 1734 abgerissen. Teilweise ist sie allerdings längst in den Bau von Häusern einbezogen worden.
Daher kommt sie in der Waisenstraße erst nach dem Abriss der einst dort stehenden, im Zweiten Weltkrieg zerstörten Häuser wieder zum Vorschein und kann nun sichtbar gemacht werden.
Ihre Reste werden rekonstruiert und in eine Grünanlage eingegliedert; sie spiegeln den Zustand des ausgehenden 13. Jahrhunderts wider.
Die Cöllner Stadtmauer wird bereits im Jahre 1680 abgerissen, nach Fertigstellung der dritten Berliner Befestigungsanlage – der »Fortifikation«.
Lesen Sie hier mehr über den nördlichen Halbring
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* mit freundllicher Genehmigung des Berlin Story Verlages , in dem nebenstehendes Buch im Herbst 2007 erschienen ist.