Hertha BSC Berlin - Fußballleidenschaft mit Hindernissen in der deutschen Hauptstadt
Fußball ist des Deutschen liebstes Kind, wie es so schön heißt. Es ist doch nur ein Sport, mag so mancher denken. Aber eben das ist es in Deutschland schon lange nicht mehr. Fußball ist zum Geschäft geworden.
Erfolg und Misserfolg steigt und fällt mit der Finanzkraft des Vereins. Nur wer finanziell mithalten kann, ist im deutschen Fußball in der Lage dauerhaft erfolgreich zu sein. Nur wer es sich leisten kann, gute Spieler zu kaufen und den Verein gewinnbringend zu vermarkten, vermag ganz vorne mitzumischen.
Anerkennung und Beliebtheit hängen heutzutage mehr denn je von zweckdienlichen Kommerzialisierungsstrategien ab. Der Weg zum Erfolg kann dadurch ab und zu in einer Sackgasse münden. Die Geschichte Herthas verdeutlicht dies in beeindruckender Weise. Aber genauso ist der Verein ein Beispiel dafür, wie es gelingen kann, aus der Sackgasse heraus den Erfolgsweg zu finden.
Überdies hat Hertha BSC Berlin noch eine ganz andere Bürde zu tragen. Als sportlicher Vertreter einer Stadt, die schon immer eine außerordentliche Bedeutung für Deutschland hatte, möchte man natürlich auch in der beliebtesten Sportart des Landes ein Aushängeschild sein. Vor allem die deutsche Geschichte hat es dem Verein nicht immer leicht gemacht, diese Zielvorgabe zu verwirklichen.
Historische Anfänge an der „Plumpe“
Will man sich über die Anfänge des Berliner Traditionsvereins informieren, so findet man nur dürftige Quellen. Immerhin wurde der Verein bereits im Jahr 1892 gegründet, daher sind die exakten Umstände der Vereinsgründung im Laufe der Zeit etwas verblasst.
Fest steht, dass vier Jugendliche ihrer Fußballleidenschaft einen eigenen Namen geben wollten und den Verein deshalb am 25. Juli des Jahres 1892 in Leben riefen. Fritz und Max Lindner sowie Otto und Willi Lorenz waren die 16- und 17-jährigen Gründer des BFC Hertha 92.
Der Fußballclub ist nach einem Dampfer benannt, mit dem einer der Lindner-Brüder eine Fahrt unternommen hatte, die ihm offensichtlich eindrucksvoll in Erinnerung geblieben ist. Wo genau Hertha gegründet wurde, ist übrigens nicht exakt überliefert; höchstwahrscheinlich muss es in Wedding oder Prenzlauer Berg gewesen sein.
Fest steht nur, dass sich der BFC 1904 in Berlin-Gesundbrunnen ansiedelte. In dem ehemaligen Bezirk Berlins, der nach einer mineralhaltigen Quelle benannt wurde, die man dort in der Nähe fand, wurde das Fußballstadion an der „Plumpe“ zur Heimspielstätte. Als „Plumpe“ wurde Berlin-Gesundbrunnen liebevoll in Berliner Mundart bezeichnet.
1901 in den Verband Deutscher Ballspielvereine aufgenommen, feierten die Herthaner 1905 ihren ersten Erfolg auf Stadtebene. Sie wurden Berliner Meister.
Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts war das Fußballinteresse in Deutschland schon enorm. Über 17.000 Zuschauer begeisterten sich für den Berliner Fußball der Saison 1909/1910.
Der Erste Weltkrieg unterbrach den deutschen Fußballaufschwung jäh: Nicht nur die Fans blieben aus, sondern die Mannschaften hatten auch derbe Spielerverluste zu verzeichnen. Allein bei Hertha fielen 36 Vereinsmitglieder im Krieg.
Unter diesem Zustand litt natürlich auch die finanzielle Situation des Vereins. Erst Mitte der 1920er Jahren entspannte sich die Lage wieder. Unter anderem, weil sich der BFC Hertha 1923 mit dem Berliner Sport-Club zusammentat. Seitdem trägt der Verein übrigens seinen aktuellen Namen – Hertha BSC Berlin.
Hanne Sobeck, der Held der Hertha
Unter neuem Namen stellte sich auch schnell Erfolg ein. Mit Hanne Sobek im Team, der heute noch als größter Held von Hertha BSC gefeiert wird, erreichte der Verein zwischen 1926 und 1931 gleich sechsmal das Finale um die deutsche Meisterschaft. 1930 und 1931 konnten die Herthaner zweimal hintereinander den Titel an die Plumpe holen. Die beiden Meistertitel in den 30ern waren übrigens die Ersten und Letzten in der Vereinsgeschichte bis zum heutigen Tag.
Die Spuren des Zweiten Weltkriegs
Während des Zweiten Weltkriegs entkam auch Hertha den Nazi-Strukturen nicht. Die Vereinsspitze wurde vom Regime ausgetauscht und obendrein wurde die Plumpe im Zweiten Weltkrieg total zerstört. Als die Alliierten dann auch noch die Geschäftsstelle übernahmen, wurde der Verein sogar kurzzeitig aufgelöst.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die schweren Zeiten für den Verein noch lange nicht vorüber. Die Spannungen in der Ost-West-Politik beeinflusste auch den Sport. Der kalte Krieg führte unter anderem soweit, dass Mannschaften der neu gegründeten DDR Ende der 40er Jahre nicht gegen die Hertha antreten durften.
1949/50 wurden in Deutschland die Oberligen gegründet, damals die höchste Spielklasse des Landes.
In der Oberliga Berlin konnte sich Hertha zu Beginn nicht richtig etablieren. Zwischenzeitlich stieg man sogar aus der Liga ab. Aber schon 1957 fanden die Herthaner zu alter Stärke zurück. Sie entschieden die Oberligameisterschaft für sich und hatten auch bei der Berliner Ausscheidung um die Teilnahme an der neu eingeführten Bundesliga in der Saison 1963/64 die Nase vorn gegen den Stadtrivalen Tennisborussia Berlin. Von nun an wechselte der Verein auch seine Heimspieladresse. Die Plumpe wurde zugunsten des Olympiastadions verlassen.
Einsamer Bundesligavertreter in der geteilten Stadt
Die Einführung der Bundesliga machte es dem Club nicht leicht, im deutschen Fußball Fuß zu fassen.
Aufgenommen wurde der Berliner Verein vorrangig aus politischen Gründen, was die Kontakte zu anderen Westvereinen erheblich erschwerte. Der normale Bundesliga-Spielbetrieb wurde ebenfalls zur Tortour für die Herthaner, denn man war ja regelrecht eingemauert von der DDR. So waren die Wege zu Bundesligaspielen extrem kompliziert.
Nach dem Mauerbau 1961 verlor Hertha viele Fans, denen es nun nicht mehr möglich war, ein Spiel zu besuchen, weil sie sich auf der falschen Seite der Mauer befanden. Zudem büßte der Verein an Attraktivität ein.
Ein Fußballclub in einer eingeschlossenen Stadt ist nicht die reizvollste Adresse für Fußballfans. Die Verantwortlichen sahen daraufhin keinen anderen Ausweg, als sich mit Bestechungen aus der Misere zu befreien. Natürlich blieb dies vom DFB nicht unentdeckt. Als Konsequenz wurde Hertha BSC im Jahr 1965 in die Amateurliga zurückgestuft.
Als diese Durststrecke nach drei Jahren überwunden war, ging es endlich wieder bergauf. Mit der Rückkehr in die Bundesliga stiegen auch die Zuschauerzahlen wieder an. Ende der 60er Jahre kamen immerhin durchschnittlich 80.000 Zuschauer zu den Spitzenspielen.
In den 70ern etablierten sich die Herthaner recht gut in der Bundesliga. Ein Höhepunkt war der dritte Platz in der Saison 1970/71, der Hertha auch ins internationale Geschäft beförderte. Im UEFA-Pokal erreichten die Berliner immerhin das Viertelfinale.
Abseits vom Spielfeld machte Hertha BSC allerdings negative Schlagzeilen. Im berüchtigten Bundesligaskandal von 1970/71, in dem Vereine und Spieler Punktspiele um den Abstieg manipulierten, mischten auch die Berliner mit. Geldstrafen, Spielsperren, sogar Sperren auf Lebenszeit waren die Konsequenzen für 15 Spieler des Vereins. Aber auch Funktionäre mussten sich danach aus dem Geschäft zurückziehen.
Sportliches Tief in den 80er Jahren
Die sportlichen Erfolge aus der Saison 1970/71 konnten im Jahr 1975 noch gesteigert werden.
In diesem Jahr ging der Vizemeistertitel an die Spree. 1979 wurde gegen Roter Stern Belgrad sogar das Halbfinale im UEFA-Cup erreicht. Dies war allerdings auch für die nächsten 20 Jahre der letzte Auftritt Herthas im internationalen Fußballgeschäft.
Auch auf nationaler Ebene begann nun eine steile Talfahrt. In der Saison 1979/80 scheiterte Hertha knapp am Klassenerhalt und musste sich damit abfinden, zwei Jahre in der zweiten Liga zu spielen.
Nach einem glanzlosen Bundesliga-Comeback 1982, verschwanden die Berliner ein Jahr später schon wieder in den Tiefen der zweiten Bundesliga. Dort im Keller angekommen, folgte 1986 der schmerzliche Abstieg in die Amateur-Oberliga.
Diese sportliche Niederlage konnte nur mit der Zuversicht gemindert werden, dass dem Verein trotz Misserfolgs noch viele Fans geblieben waren. Zu Spitzenspielen der Oberliga Berlin kamen immerhin um die 10.000 Hertha-Treue. Gedankt wurde dies den Fans zwei Jahre später mit dem Wiederaufstieg in die Profiliga.
Ein historisch bedeutender Tag während dieser Zeit war der 11. November 1989. Zwei Tage nach der Grenzöffnung kamen 11.000 begeisterte Ostberliner ins Olympiastadion, um die Partie gegen die SG Wattenscheid 09 mitzuerleben. Zum ersten Mal seit 40 Jahren waren nicht nur Ost- und Westbürger vereint, auch Fußballfans konnten wieder gemeinsam ihre Leidenschaft feiern.
Die Vereinigungseuphorie hielt auch bei Hertha an und es folgte ein glatter Durchmarsch ins Oberhaus, so dass der BSC im Jahr 1990, pünktlich zur Wiedervereinigung, wieder erstklassig wurde.
Frischer Wind für Hertha
Aus dem Ruhrgebiet ließ man Trainer Peter Neururer kommen, aber der frische Westwind wehte nicht kräftig genug. Die Hochstimmung nach dem Aufstieg flaute schnell wieder ab.
Zum Ende der Saison 1990/91 stand Hertha wieder auf einem Abstiegsplatz. Es gab einfach kein dauerhaftes Entkommen aus der zweiten Liga. Mittlerweile trugen auch die Fans ihren Herthanern das ständige Tabellen- Auf und Ab nach – 3000 Fans als Heimspielkulisse bei Zweitligaspielen im riesigen Olympiastadion wirkten doch sehr verloren.
Einen bemerkenswerten Erfolg errangen indes die Amateure von Hertha. Sie marschierten 1993 sensationell ins DFB-Pokalfinale durch. Leider gelang ihnen im heimischen Olympiastadion nicht der ganz große Coup. Das Finale verloren die Berliner Amateure knapp mit 0:1 gegen Bayer 04 Leverkusen.
1996 kam mit Jürgen Röber ein weiterer erfahrener Trainer in die Hauptstadt. Er rettete die Herthaner Profis gerade eben noch vor dem erneuten Absturz in die Amateurliga.
Ein Jahr später konnte Dieter Hoeneß für den Club gewonnen werden. Mit ihm als Manager sollten nun endlich bessere Zeiten anbrechen. In der Saison 1996/97 spielten die Berliner furios in Liga zwei auf. Bereits vor Saisonende standen sie als Aufsteiger fest. Seitdem hält Hertha sich in der ersten Bundesliga und avancierte langsam aber sicher zu einer beständigen Erstligamannschaft.
Finanzielle Unterstützung fand der Verein bei der Vermarktungsfirma Ufa (heute sportfive). Im Jahr 2002 wurde Hertha zur Kommanditgesellschaft auf Aktien. Manager Hoeneß wollte dem Verein ein gutes finanzielles Polster schaffen, um die Erstligabeständigkeit zu sichern. Das Polster gibt es allerdings nicht. Für Spielertransfers wurden Unsummen ausgegeben, die sich im Endeffekt nicht rentiert haben. Insgesamt häufte sich der Schuldenberg des Vereins in den letzten Jahren auf 54 Millionen Euro an.
Zwar hat man davon mittlerweile schon wieder einiges abtragen können, aber von einer beständigen Finanzsituation kann auch gegenwärtig noch keine Rede sein.
Zumindest in sportlicher Hinsicht geben die Spieler und Verantwortlichen von Hertha BSC ihr Bestes. Nach dem Bundesligaaufstieg 1997 rückten UEFA-Pokal und Champions League Teilnahmen wieder ins Blickfeld.
Bereits in der Saison 1999/2000 konnte man mit Siegen über europäische Spitzenclubs wieder international auf sich aufmerksam machen. In dieser Saison kam auch Fußballtalent Sebastian Deisler in die Hauptstadt, und die Hertha erhielt einen neuen Glücksbringer: Braunbär Herthino wird getauft und steht den Fußballjungs seitdem zur Seite.
Trainer-Chaos in Berlin
In Vorbereitung auf die Saison 2001/2002 verhalfen die neuen Spielerstars Marcelinho und Alvez dem Verein zum Sieg im Ligapokal.
Während der Saison qualifizierte sich Hertha wieder für den internationalen Wettbewerb. Trotz dieser Erfolge war Manager Hoeneß mit seinem Cheftrainer Röber nicht mehr zufrieden. In der Winterpause verkündete er die Entlassung Röbers zum Saisonende und stellte Huub Stevens als neuen Trainer vor.
Nach einigen Niederlagen in der Bundesligarückrunde war Röber im Februar 2002 vorzeitig entlassen worden.
Mit Falko Götz und Andreas Thom wurden ehemalige Top-Spieler als Interimstrainer eingesetzt.
In der nächsten Saison gelang Hertha unter Huub Stevens zum fünften Mal hintereinander der Einzug ins internationale Fußballgeschäft. Mit Nando Raphael kam ein angolanisches Fußballtalent in den Verein, und Rekordtorjäger Michael Preetz wurde in den Fußball-Ruhestand entlassen.
Der Start in die Saison 2003/2004 verlief überhaupt nicht nach Plan. Zum Ende der Hinrunde war man im unteren Tabellendrittel angekommen und verabschiedete sich sehr frühzeitig aus dem UEFA-Pokal. Diese Situation bedeutete das Ende von Huub Stevens bei der Hertha.
Für die verbleibende Saison wurde Hans Meyer als neuer Trainer eingesetzt. Unter ihm schaffte der Club den Klassenerhalt auf den letzten Drücker. Doch Dieter Hoeneß besann sich alter Zeiten und setzte mit Falko Götz den ehemaligen Interimstrainer zur Saison 2004/2005 wieder auf die Trainerbank.
Götz holte den Verein wieder aus dem Tabellenkeller und in den UEFA-Cup. Nach eineinhalb Jahren war aber auch für ihn Schluss in Berlin. Dissonanzen mit der Vereinsspitze waren unüberwindbar und so musste er im April 2007 seinen Hut nehmen.
Mit Lucien Favre hat Hertha nun einen Schweizer Spitzencoach engagiert, der es als Herausforderung ansah, nach Berlin zu kommen. Sein erklärtes Ziel: Ein Team aufzubauen, das um den Titel spielen kann.
Für den Club bleibt zu hoffen, dass diese Zielvorgabe erreicht werden kann. Mit Stars wie Lucio, Friedrich, Gilberto und Pantelic stehen die Voraussetzungen dafür zumindest bereit.
Hertha BSC Berlin hat es trotz zahlreicher Hindernisse und Rückschläge geschafft, sich im Geschäft der großen Spitzenclubs zu beweisen. Der Hauptstadtfußball geht mit dem Schweizer Meistermacher Favre nun in eine neue Runde.
Finanziell befindet sich die Hertha ebenfalls auf dem aufsteigenden Ast. Große Investitionen sind derzeit nicht nötig. Der Mannschaftskader verfügt über bekannte Namen und die Infrastrukturmodernisierungen rund um den Verein sind abgeschlossen. Gute Aussichten für die Traditionsmannschaft aus der Hauptstadt.
Daten und Fakten zu Hertha BSC Berlin
Kontaktdaten:
Geschäftsstelle Hertha BSC Kg mbH aA
Hanns-Braun-Str. Friesenhaus II
14053 Berlin
Tel: 030-300 928-0
Fax: 030-300928-99
Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 10.00-18.00 Uhr
Sa. 10.00-14.00 Uhr, an Spieltagen bis 30 Minuten vor Anpfiff
Hertha BSC Hotline:
01805-1892 00 (0,14 €/Min) für Ticket- Fragen und Infos rund um den Verein
Ticketbestellung: tickets@herthabsc.de
Offizielle Homepage von Hertha BSC
Gründung: 25. Juli 1892
Mitglieder: 15.250 (Stand Juli 2007)
Maskottchen: Berliner Braunbär Herthino www.herthino.de
Vereinsfarben: Blau-Weiß
Stadion:
Olympiastadion
14053 Berlin
Fassungsvermögen: 74.200
Eröffnung: 1936, Eröffnung des Neubaus: 2004
Trainingsgelände:
Olympiagelände an der Hanns-Braun-Straße
Trainingszeiten der Hertha Profis
Hertha BSC Museum:
Im Fanshop am Olympiastadion
Email: museum@herthabsc.de
Größte Erfolge: Deutscher Meister 1930, 1931; Pokalfinale 1977, 1979, 1993 (Amateure); Halbfinale UEFA-Pokal 1979; Liga-Pokal-Sieger 2001, 2002
Präsidium: Bernd Schiphorst, Thorsten Manske, Michael Ottow und Jörg Thomas
Derzeitiger Trainer: Lucien Favre