Der Tod wird Euch finden<bR>Al-Quida Experte Lawrence Wright in Berlin
Der American Academy ist ein Ort des intelektuellen Disputs in gediegener Umgebung. Dicke Teppiche dämpfen die Schritte auf dem sonst eher glatt polierten Parkett, eine Bibliothek mit schweren, braunen Ledersesseln lädt zum Studieren und Schmökern ein und von der Terasse aus hat man einen herrlichen Blick auf den Berliner Wannsee.
Lawrence Wright, Journalist und Pulitzer Preisträger, mehrfach ausgezeichneter Autor, kam jetzt an diesen Ort, um über die Geißel des 21. Jahrhunderts, den internationalen Terrorismus mit dem Leiter des Berliner SPIEGEL-Büros, Georg Mascolo, zu diskutieren.
Tiefer Einblick in die Strukturen
Dabei lieferte der Autor, der für den „New Yorker“ und andere große amerikanische Tageszeitungen schreibt, ein sehr lebendiges und teilweise sehr pessimistisches Bild der arabischen Welt. „Ohne das Öl, das die arabische Welt besitzt, wäre die Wertschöpfung bei 250 Millionen Arabern etwa so hoch wie die Finnlands“ verdeutlichte er die Misere der arabischen Welt.
Bin Laden gibt Perspektiven
Das völlige Fehlen einer Zivilgesellschaft gebe vor allem jungen, teils im Westen gut ausgebildeten Akademikern keine Chance der Partizipation. Osama bin Laden würde den Menschen einen Ausweg aus diesem Dilemma beschreiben: Den Tod. Der bedeute in der arabischen Welt Erlösung und Heil.
Fehlen eines politischen Konzepts
Ein tatsächliches politisches Konzept besitze das Terrornetzwerk Al-Quida nicht. Und ohne charismatischen Führer werde es das Netzwerk in zehn Jahren in dieser Form auch nicht mehr geben. Zumindest hier machte Wright dem Westen ein wenig Hoffnung.
Amis raus aus Irak?
Der Autor, der ein Befürworter des Irakkrieges war, inzwischen aber ob der Ereignisse umgeschwenkt ist, konnte die Frage aus dem Auditorium, ob amerikanische Truppen im Irak bleiben sollten, weder mit einem klaren Ja oder Nein beantworten.
Es könne halt niemand absehen, was passiert, wenn die wenige Stabilität, die jetzt durch die US Präsenz zweifelsohne vorhanden sei, verloren ginge. Und, mit einem Blick auf den alten Kontinent gewandt, was dies möglicherweise dann für Europa bedeute.
Lawrence Wrights Bestseller
„Wo ihr auch sein mögt, der Tod wird euch finden, und währet ihr im hohen Turm.“ Mit diesen dem Koran entlehnten Versen mahnte der Terrorfürst seine Kämpfer, furchtlos dem Tod entgegenzusehen.
In seinem vielfach preisgekrönten Buch beschreibt Lawrence Wright die Vorgeschichte von 9/11. Jahrelang recherchierte Wright in der arabischen Welt und führte hunderte von Interviews.
„Ich wollte verstehen, wer diese Leute waren und warum sie uns angegriffen hatten", begründete Wright sein Buchprojekt.
Osama bin Laden und Ajman al-Sawahiri, Köpfe von Al-Qaida und andererseits Konkurrenten um die Führungsposition, der ägyptische Autor Sajid Qutb, der als geistiger Vater des islamistischen Terrors gilt, und Turki al-Faisal, Chef des saudischen Geheimdienstes, sind neben FBI Mann John O`Neill Hauptfiguren in Wrights Buch, das über weite Strecken eher einem Politthriller gleicht.
Gleichzeitig fokussiert sich der Autor auf die Strategien der Weltmacht USA sowie ihre politischen Fehler im Nahen und Mittleren Osten.
Die American Academy in Berlin
ist ein privat finanziertes, gemeinnütziges Institut für weiterführende Studien. Ihr Ziel ist es, durch ein Fellowship-Programm intellektuelle und professionelle Beziehungen zwischen den USA und Deutschland in Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft aufzubauen.