Urlaubskarte Rettung

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Rettet die Urlaubskarten

von Katrin Müller de Gámez

Im Zeitalter der Email, des Bild- und SMS-Handys, kommt so langsam der schöne Brauch der Urlaubspostkarte unter die Räder. Können die vorgenannten technischen Hilfsmittel sie wirklich ersetzen?

Wer findet denn nicht gerne bunte Karten aus aller Herren-und-Damen-Länder in seinem Briefkasten, wenn mal wieder das Berliner Wetters auf‘s Gemüt drückt?

Farbfleck mit Charakter

Auch wenn meist keine weltbewegenden, spannenden Themen auf ihr abgehandelt werden, so ist sie doch ein Hinweis, daß an einen gedacht wurde.

Es ist ein netter Farbfleck, den man zumindest eine Weile lang an die Pinnwand, die Kühlschranktür oder den Spiegel im Flur hängen kann.

Natürlich lernen wir von den Karten auch eine Menge darüber, wie uns unsere lieben Mitmenschen sehen und beurteilen. Auch über den Charakter des Absenders sagen die Karten Einiges aus.

Wenn der Versender nicht so intensiv mit dem Adressaten kommunizieren möchte, handelt es sich beim Text um vorgefertigte Versatzstücke, die nur immer wieder neu zusammengemischt werden. Auch die Auswahl des Motivs läßt viele Rückschlüsse zu.

Da gibt es die Spezis, die alles bereits vor Abfahrt in den Urlaub vorbereiten, Allerweltskarten mit fertigen Allerweltstexten schreiben, adressieren und am Urlaubsort, meist schon bei Ankunft am Flughafen, nur noch frankieren und in den Briefkasten werfen.

Dann die Last-Minute-Erinnerer, die während des Wartens auf den Rückflug schnell noch in der Schalterhalle wahllos ein paar Karten aus den Ständern greifen, drei oder vier Worte draufkritzeln und dann kurz vor dem einchecken alles in dem letztmöglichen Briefkasten des Urlaubslandes deponieren. Das sind die, die nach sechswöchigem Urlaub ganz erstaunt sind, wenn ihre Post an die Lieben daheim erst längere Zeit nach der eigenen Rückkehr eintrudelt.

Absender mit Motiv

Der größte Teil der Postkarten-Versender macht sich aber doch die Mühe, eine besondere Karte vor Ort zu erstehen.

Dabei wird bei der Motivwahl darauf geachtet, eine Beziehung zum Adressaten herzustellen, oder die eigenen Ansichten kund zu tun. Wer ist es, der das Bild mit zwei leicht- bis unbekleidete Nixen am Pool versendet? Ist es der Gesellige, der den von feucht-fröhlichen Menschen umlagerten Sangría-Eimer mit extra-langen Strohhalmen auswählt?

Vom Scherzkeks kommen vermutlich die Pointen von der Stange, wie die Karte zum Ankreuzen: „Sonne scheint / scheint nicht. Essen prima / schwach. Stimmung gut / schlecht“. Der Freund mit dem pädagogischen Anspruch sendet Bilder von Statuen, Fresken, Kirchen, Klöstern, Burgen, zerbrochenen Säulen, Amphitheatern und Tempeln. Die Motivauswahl ist dabei so groß, daß diese Karten, aus verschiedenen Ländern nebeneinander gehängt, zuweilen ein kunsthistorisches Seminar ersetzen können.

Der Bürokrat schickt jedes Mal eine Ansicht des Hotels mit dem obligatorischen Kugelschreiber-Kreuz an der Stelle, wo das von ihm bewohnte Zimmer liegt. Und der Schöngeist versendet die traumhaften Sonnenuntergänge, die Brücke im Dunst oder die Kuh im Regen.

Vom Unentschlossenen erhält man die Karten mit fünf bis sechs schräg angeordneten Mini-Fotos, die nun wahrlich höchstens unter der Lupe ihre Details preisgeben. Der Sammler-Typ vergißt nie den Hinweis „Briefmarke aufheben!“.

Im Laufe der Jahre erhält man so eine erstaunliche Kollektion. Wie die guten, alten Familienfotos, lassen sie bei jeder erneuten Betrachtung das Bild derjenigen vor unserem geistigen Auge aufsteigen, die uns mit diesen Objekten beglückt haben. Wollen Sie darauf verzichten? Nein? Dann schreiben Sie weiterhin viele, viele Urlaubsgrüße per Karte an Ihre Lieben und Nicht-So-Lieben daheim.

 

 

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