Wer an Berlin denkt, hat sicherlich zunächst einmal das Brandenburger Tor vor Augen, den Regierungssitz und die Museumsinsel. Vielleicht aber auch die urbane Vielfalt von Kreuzberg, Neukölln oder den Kollwitzkiez. Weniger offensichtlich ist, dass sich die traditionsreiche Bundeshauptstadt Schritt für Schritt zum wachstumsstärksten Gründungshub in Deutschland entwickelt hat.

Eine fest etablierte Kreativ- und Innovationskultur, getragen von einer weit über Deutschland hinaus bekannten Bevölkerungsvielfalt in einem Einzugsgebiet von rund sechs Millionen Menschen: Das sind hervorragende Bedingungen für kleine wie große Kreativschmieden, insbesondere im Bereich der Online-Kommunikation.

Kein Wunder, dass die IKT-, Medien-, und Kreativbranchen heute zu Berlins größten Wirtschaftszweigen gehören. Ein wesentlicher Impulsgeber: Die hohe Beliebtheit von Spielen, die allein oder vernetzt am heimischen PC für Spannung und Zerstreuung werden.

Unscheinbarer Riese

Im Vergleich zur deutschen Automobil-, Pharma- oder Bauindustrie blüht die Branche der Software- und insbesondere Spieleentwickler eher im Verborgenen. Doch der oberflächliche Eindruck trügt. Deutschland verfügt über eine Vielzahl herausragender Studios von Spieleentwicklern. Mit vielfältigen kreativen Ansätzen, einer begeisterten Spielergemeinde und wachsendem internationalen Einfluss nimmt Deutschland heute eine führende Position in der Welt der Computer- und Videospiele ein.

Vor allem die Berliner Games-Branche boomt. 2020 erwirtschafteten hier mehr als 38.000 Unternehmen der IKT-, Medien-, und Kreativbranchen mit ca. 252.000 Beschäftigten einen Umsatz von gut 40 Milliarden Euro. Das wiederum ist nicht verwunderlich: Deutschland ist der größte Videospielmarkt in Europa. Hier finden inzwischen international bekannte Veranstaltungen rund um die Spieleentwicklung statt, darunter die Gamescom, Europas größte Messe für Computer- und Videospiele. E-Sports-Events wie die IEM Cologne Germany lockten vergangenes Jahr 37.000 Fans an, weitere 727.000 Gamer und Spiele-Fans verfolgten den Event per Livestream.

Besonders beliebt in Deutschland ist es, Strategiespiele online zu spielen. Kein Wunder, haben sich doch deutsche Spieleentwickler in diesem Genre auch international einen Namen gemacht. Hierzu gehören unter anderem die Studios

• Crytek, bekannt für technisch anspruchsvolle Spiele wie Crysis und Ryse: Son of Rome;
• Blue Byte, verantwortlich für die beliebte Anno-Reihe und auch an der Entwicklung von The Settlers beteiligt;
• InnoGames, spezialisiert auf Browser- und Mobile-Spiele und mit Forge of Empires international erfolgreich.

Fundierte Ausbildung …

Deutsche Hochschulen bieten eine Vielzahl von Studiengängen in den Bereichen Informatik, Game Design und Animation an, die auf eine Karriere in der Games-Branche vorbereiten. Hinzu kommen zahlreiche Weiterbildungsprogramme, duale Ausbildungsprogramme und Workshops, die es Berufstätigen ermöglichen, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse auf dem neuesten Stand zu halten und zu erweitern.

… staatliche Unterstützung …

Auch die deutsche Regierung hat erkannt, dass die Videospielbranche ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, und fördert deshalb die Ausbildung von Games-Fachkräften und die internationale Zusammenarbeit der Firmen. Dank finanzieller Anreize, Steuererleichterungen und Förderprogrammen für Start-ups hat sich Deutschland zu einem attraktiven Standort für die Entwicklung und Produktion von Computerspielen entwickelt.

… intensive Forschung

Ein Blick auf die neuesten Spielegenerationen macht den Fortschritt der Technik deutlich. Leistungsfähige Prozessoren, vergleichsweise enorme Speicherkapazitäten und schnelle Datenübertragung beim Endverbraucher ermöglichen eine erstaunliche Weiterentwicklung des Spielerlebnisses. Was früher eher einfach und eckig daher kam, erreicht heute mitunter Spielfilmqualität.

Die Folge: Neben der reinen Spiele-Entwicklung spielt in der Branche die Forschung eine zunehmend wichtige Rolle. Neue Technologien wie Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) eröffnen der Games-Branche völlig neue Möglichkeiten. Eine Ende der Entwicklung – Stichwort Künstliche Intelligenz - ist nicht in Sicht.

Game-Hub Berlin

Für Standorte wie Berlin dürften die IKT-, Medien-, und Kreativbranchen auch langfristig eine erfolgreicher Wirtschaftsfaktor bleiben. Die Hauptstadt beherbergt heute schon ein Fünftel der rund 780 Games-Unternehmen in Deutschland. Mehr als 180 der 300 in der Hauptstadt ansässigen einschlägigen Unternehmen sind Spieleentwickler und -publisher, darunter große Studios wie Ubisoft, Electronic Arts und King, aber auch viele kleine und mittelständische Unternehmen. Wichtige Rahmenbedingungen stimmen optimistisch:

• Junge Talente: Berlin ist eine beliebte Studentenstadt und zieht viele junge Fachkräfte aus dem In- und Ausland an. Universitäten und Hochschulen bieten Studiengänge im Bereich der Spieleentwicklung an.
• Kultur und Entertainment: Mit seiner lebendigen Kultur, der kreativen Atmosphäre und den hoch qualifizierten Arbeitskräften ist Berlin ein attraktiver Standort für nationale und internationale Games-Unternehmen.
• Lebensqualität: Die Lebenshaltungskosten in Berlin sind im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten relativ niedrig, die internationale Community und das Unterhaltungsangebot sind groß.
• Unterstützung durch die Stadt: Zusätzlich zu den Initiativen der Bundesregierung unterstützt die Stadt Berlin die Games-Branche mit verschiedenen Förderprogrammen.