Alt-Moabit

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Alt Moabit - die Lebensader des Kiezes

Moabit ist eigentlich eine Insel, der Stadtteil ist nur über insgesamt 25 Brücken zu erreichen. Im Süden umspült ihn die Spree, im Norden sind es der Westhafenkanal, der Charlottenburger Verbindungskanal und der Berlin Spandauer Schifffahrtskanal. Es gibt drei wichtige Achsen in diesem Stadtteil. Die Nord-Südachse wird von der Stromstraße gebildet.

Zwei Straßen verlaufen in ost-westliche Richtung; zum einen ist es die Turmstraße zum anderen die Straße „Alt Moabit“. Letztere ist etwa drei Kilometer lang und führt vom Washingtonplatz am Hauptbahnhof zur Kreuzung Beusselstraße/Kaiserin-Augusta-Allee. Sie ist quasi die Lebensader dieses Kiezes.

Vom Hauptbahnhof in den Beusselkiez, das ist Alt-Moabit

Die ersten Bebauungen entstanden in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Zu Beginn der Straße, in der Nähe des Hauptbahnhofes lag der Universum Landesaustellungspark. Hier stand ein großer Glaspalast, in dem es viele Ausstellungen gab 1883 eröffnete er mit einer großen Schau zur Hygiene. Erst der Bau des Messegeländes am Funkturm machte diesen Platz bedeutungslos.

Ein Vergnügungspark zog hier ein. Nach dem Mauerfall und im Rahmen der Neuplanung des Hauptbahnhofes war das Gelände kurzfristig von Projektentwicklern für die Errichtung eines Berliner Tivoli gedacht. Übrigens der Nachfolger der ULAP ist heute der Urania.e.V. in Schöneberg. Die Straße „An der ULAP“ wurde 2005 umbenannt in Clara-Jaschke-Straße.

Einzig das kleine Parkwächterhaus, in dem heute das Restaurant Paris-Moskau eine gehobene Küche anbietet, erinnert noch an diese Zeit.

Ermordung von poiitischen Häftlingen

Eine schreckliche Begebenheit spielte sich in den letzten Kriegstagen ab. Am 23. April 1945 holten SS-Leute unter dem Vorwand sie in ein anderes Gefängnis zu verlegen, politische Gefangene aus dem nahe gelegenen Gefängnis in Moabit und ermordeten sie in dem Gelände auf einer Steintreppe.

Unter ihnen befand sich auch der Staatsrechtler und Schriftsteller Albrecht Haushofer, der, zunächst politischer Berater von Rudolf Hess, den Weg in den Widerstand fand.

Er gehörte zu den Verschwörern des 20. Juli 1944. In seiner Haft in Moabit schrieb er die Moabiter Sonette, in denen er seine Hafterlebnisse verarbeitet.

Der bekannteste Knast Deutschlands

Der Moabiter Knast ist wohl eines der bekanntesten Deutschlands. Das erste Gefängnis erhob sich zwischen Lehrter Straße und Invalidenstraße, nicht weit entfernt vom heutogen Hauptbahnhof. Er entstand als preußisches Mustergefängnis nach dem Vorbild des britischen Pentonville.

Er blickt auf eine über 150-jährige Geschichte zurück. Der erste Gefängnisbau entstand als preußisches Mustergefängnis nach dem Vorbild des britischen Pentonville.

Die damalige Vorstellung von Strafvollzug bestand darin, Gesprächs- und Blickkontakte der Gefangenen untereinander unmöglich zu machen. Selbst die Gefängniskleidung war darauf ausgerichtet. Diese Isolationshaft sollte dazu dienen, den Verbrecher auf den Pfad der Tugend zu führen. Johann Heinrich Wichern, der heute noch als Gründer des Rauhen Hauses n Hamburg und als Vater der "Inneren Mission" bekannt ist, leitete das Haus von 1857 bis 1872.

Das Gefängnis war auch Hinrichtungsort. Die Todesurteile wurden zunächst noch mit dem Beil, später mit der Guillotine ausgeführt. Das letzte Todesurteil wurde am 11. Mai 1949 vollstreckt. 1953 wurde das alte Gefängnis abgerissen

Die Gebäude, die man heute landläufig als Moabiter Knast bezeichnet sind hervorgegangen aus dem „Königliche Untersuchungsgefängnis im Stadtteil Moabit“, das zusammen mit dem alten Kriminalgerichtsgebäude an der Ecke Alt-Moabit/Rathenower Straße in der Zeit von 1877 bis 1881 errichtet und a September 1881 belegt wurde.

Zu dem Gefängniskomplex gehörten anfangs das sternförmige große Männergefängnis mit der großen, mit einer Kuppel überdachten Zentralhalle, das kleine Männergefängnis mit Krankenabteilung, das sogenannte „Weibergefängnis“, ein Küchengebäude, ein Verwaltungsgebäude und ein Beamtenwohnhaus.

Bekannte Häftlinge

Berühmte und teilweise berüchtigte Insassen waren der Schuster Wilhelm Voigt, bekannt geworden als der Hauptmann von Köpenick, die Gebrüder Sass, zwei Bankräuber, die in den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts als moderne Robin Hoods galten und aus dem Kiez kamen. Sie wohnten in der nahegelegenen Birkenstraße.

Moabit wurde von der Gestapo auch als Kerker für zahlreiche Widerstandskämpfer genutzt: Albrecht Haushofer war einer von ihnen. Der Sänger Ernst Busch saß vier Jahre im alten Zellengefängnis, weil seine Texte in den Augen der Nazis „Vorbereitung zum Hochverrat“ waren.

Der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Borchert kam 1944/45 nach Moabit – wegen einer Parodie auf Joseph Goebbels.

In der Nachkriegszeit sind unter anderem Erich Mielke und Erich Honecker oder der Skandal Schiedsrichter der Bundesliga, Robert Hoyzer, Insassen des Untersuchungsgefängnisses Moabit gewesen.

Kriminalgericht Moabit

Die heutige JVA und das sich anschließende Kriminalgericht Moabit bilden zusammen einen großen Gebäudekomplex. Während die JVA an der Straße Alt-Moabit liegt, orientiert sich das dahinter liegende Gerichtsgebäude an der Turmstraße.

„Einen kaiserlichen Faustschlag in das Gesicht der Arbeiterschaft“, nannte man das Gericht bei seiner Eröffnung. Schließlich entstand es in einem typisch Berliner Arbeiterstadtteil und die Architektur provozierte und schüchterte ein.

Das ist selbst heute noch so, es riecht nach Staat, Strenge und Disziplin. Selbst wenn man nichts verbrochen hat, kann man das Gefühl, das man hier klein gemacht werden soll, nicht ganz beiseite schieben. Und auch viele der Bediensteten an der Pforte haben den Ton preußischen Kasernenhofdrills offenbar nicht verlernt.

Das Gericht ist das größe Europas. Die beiden sechzig Meter hohen Türme dominieren diesen Bereich des Stadtteiles. In dem Haus mit seinen zwölf Höfen und 17 Treppenhäusern arbeiten rund 1500 Menschen. Es gehen im Jahr etwa 60.000 neue Strafverfahren ein. Heute sind am Gericht 12 Berliner Amtsgerichte zusammengefasst.

Zu den bekanntesten, im Kriminalgericht Moabit verhandelten Fällen gehören der des Wilhelm Voigt, der Terroranschläge auf die Diskothek La Belle und die Morde an iranischen Oppositionellen im Restaurant Mykonos in der Prager Straße in Wilmersdorf. Die Prozesse gegen die Mitglieder des SED Zentralkomitees wurden hier ebenfalls geführt.

Folgt man der Straße weiter, so sind die Johanniskirche, von Karl Friedrich Schinkel, und das Bundesministerium des Inneren im Spreebogen, erwähnenswert.

Im Jahr 1994 wurde die umfangreiche Neugestaltung eines historischen Industrieareals, der ehemaligen Bolle-Meierei, fertig gestellt. Früher wurde Berlin von dieser Stelle aus mit Pferdefuhrwerken mit Milch versorgt.

Der Altbaubestand ist mit Blick für das historische Detail modernisiert und für aktuelle Nutzungen gestaltetet. Neben den Büroflächen, die zahlreiche namhafte Mieter – allen voran das Bundesministerium des Innern - angezogen haben, wurden im Spree-Bogen diverse Geschäfte für die Besorgungen des täglichen Bedarfs, wie z.B. ein Lebensmittelmarkt, eine Bankfiliale, ein Drogeriemarkt und ein Tabakwaren- und Zeitschriftenhandel angesiedelt.

Daneben sorgen mehrere Restaurants für ein umfassendes Angebot von früh bis spät. Ein 4-Sterne-Hotel mit 225 Zimmern und umfangreichen Tagungsflächen rundet den Service ab. Für Nutzer und Besucher steht eine moderne Tiefgarage mit 904 Stellplätzen zur Verfügung

Diese Tiefgarage und weitere Sicherheitsüberlegungen sind Gründe dafür, im Bundesinnenministerium darüber nachzudenken, inwieweit man nicht eventuell auf einen Neubau ausweicht. Dann könnte man auch alle drei Dependancen des Ministeriums, den Hauptsitz am Spreebogen sowie die Dienststellenin der Bundesallee und am Fehrbelliner Platz zusammenziehen. Erste Konzeptüberlegungen werden derzeit angestrengt.

Text: Frank Tetzel

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